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Monis Blick – Monika Hirmer

Kunst in Coronazeiten - War wirklich Alles schlecht?...

April 2020

Kuico-Projektteilnehmerin Monika Hirmer

Monika Hirmer
Monis Blick
lebt in München

 Instagram-Account: MonisBlick


Die Auswahl meiner Bilder bedeuten Stille, Kraft, Ruhe, in sich gehen und die Vergänglichkeit.


Auch wenn wir nicht richtig barrierefrei sind hier auf unserer Website, so versuchen wir doch, auch Sehbehinderten einen Zugang zu unserem Projekt zu geben. Und deshalb könnt ihr über Klick auf den Pfeil die Statements nun auch hören. Viel Spaß!

21.3.2020

Ministerpräsident Markus Söder verkündet mit tragender Stimme den Lockdown und sagt als Schlusswort:

Gott schütze dieses Land.

Meine Gedanken und mein seelischer Ausnahmezustand am Anfang:

Was bedeutet Quarantäne und Lockdown wirklich? Was darf man, was darf man nicht? Was ist mit dem Hund? Darf ich mit ihm noch raus? Was wäre, wenn ich oder mein Mann schwer an Corona erkranken?

Meine Mutter sitzt 120 km entfernt allein in ihrer Wohnung in Reit im Winkl. Wir können sie nicht besuchen – wir telefonieren täglich. Sie kann nicht mehr zu meinem Vater ins Heim – Besuche werden verboten. Davor war sie jeden Tag mehrere Stunden dort. Das fällt meiner Mutter besonders schwer. Unser Trost. Er wird in dem Pflegeheim liebevoll versorgt. Er bekommt so gut wie nichts mehr mit. Er ist schon seit langer Zeit nicht mehr ansprechbar. Nicht mehr wach und in einem ständigen Schlaf- und Dämmerzustand. Letztes Stadion – Demenz. Trotzdem weiß man nicht genau, was fühlt er wirklich. Das wiederum fühlt sich für uns nicht gut an.

Das Leben ist ab jetzt bestimmt von Quarantäne, Ausgangsbeschränkungen und geschlossenen Grenzen, kurz mit dem Hund raus und maximal Einkaufen gehen. Das Chaos in den Krankenhäusern bleibt hier in Deutschland gottseidank aus. Die ganze Welt also wirklich die ganze Welt befindet sich im Ausnahmezustand. Wir sind jetzt plötzlich Schule, Büro und Kantine zugleich. Ich erlebe diese Zeit als intensiv und gleichzeitig wie im Film. Von einem Tag auf den anderen sitzen wir tagtäglich 24/7 zu viert in der Wohnung. Wir fetzen uns auch mal. Aber ich finde wir machen das trotz der Umstände ziemlich gut.

Der Start ins Homeschooling ist ein wenig holprig wird aber zu nehmend besser. Mein autistischer Sohn sagt sogar: Irgendwie finde ich gerade zu mir. Mir tut die Ruhe gut. Ich habe endlich das Gefühl ich muss nichts mehr. Meinem Mann und mir geht’s genauso. Meine Tochter, hat gemischte Gefühle. Sie liebt Sport und besonders Klettern. Das geht jetzt auf einmal nicht mehr. Obwohl die Ruhe und wenig Einflüsse von außen tun auch ihr gut.

Meine Tochter stellt auch tränenreiche Fragen: Bin ich egoistisch, weil ich gerne wieder mein altes Leben zurückhaben möchte? Ich sage zu ihr: NEIN! Bedürfnisse zu haben hat nichts mit Egoismus zu tun. Ich bin sicher, irgendwann hast du dein altes Leben wieder. Es ist nur ein kleiner Teil deines Lebens. Wir umarmen uns. Ich selbst vermisse auch nicht so viel. Doch eins manchmal schon – spontan entscheiden zu können. An einem Tag, da steh ich mit meinem Mann auf dem Balkon, die Sonne scheint, der Himmel ist blau. Parade Wetter – ich blicke in Richtung Stadt und sag – jetzt würde ich so gern zum Viktualienmarkt fahren – und in den Biergarten gehen … Ich hätte Lust auf Leberkäs und ein Bier… na ja.. geht auch zu Hause.

Wie nehme ich andere Menschen wahr? Tja …vor Corona war die Welt gefühlt planbar, vorhersehbar, alles war machbar.

Man fühlte sich souverän. „Du kannst alles, wenn du nur willst“.  Alles war immer, weiter, schneller und noch viel besser und noch höher hinaus. Aber das war eine Illusion ein Trugbild. Plötzlich sind wir verletzlich. Sicher ist nur die Unsicherheit. Neben gesundheitlichen Sorgen kommen bei vielen auch noch reale Existenzsorgen hinzu. Und plötzlich macht sich bei vielen auch Mutlosigkeit breit. Aber auch Leute, denen es trotz allem immer noch gut geht und in Grunde genommen immer noch auf einer Insel des Wohlstands leben, auch bei denen fängt es an zu rumoren. Vieles wird in Frage gestellt. Schuldige werden gesucht und auch gefunden. Neben Zusammenhalt und Solidarität, den es dieser Tage gottseidank auch noch gibt – machen sich leider Wut und Hass in den sozialen Netzwerken breit. All das beschäftigt mich! Es lässt mich nicht kalt.

Aber mein Credo – schon vor Corona aber ganz besonders in dieser Zeit!

“Lass nicht zu, dass das,
was du nicht kannst,
das beeinträchtigt, was du kannst” -John Wooden-

Nach vorne schauen, das Beste aus der Situation machen. Wichtig ist der Austausch für mich. Austausch mit kreativen Menschen, die wie ich gerne Fotografieren. Die ebenso wie ich die schönen Dinge des Lebens festhalten, egal ob gezeichnet, gemalt oder mit Licht gemalt. Das hat in dieser Zeit noch mehr an Bedeutung gewonnen. Einfach die kreative Auseinandersetzung mit der Welt. Ganz wichtig – Lachen. Vor allen Dingen viele Spaziergänge allein im Wald gehören dazu. Für mich, die so gerne zu Hause ist und nicht gerne in Gruppen unterwegs ist, ist Facetime via Internet ein Segen.

Als Münchnerin zitiere ich hier Richard Süßmeier, legendärer Wiesn Wirt und Münchner Original im Interview zu seinem 90. Geburtstag. Worte, die mir aus der Seele sprechen.

„Nichts kann München umbringen. Als der Straubinger Hof zerbombt wurde, war ich mit meiner Mama im Hochbunker am Ende der Schrannenhalle. Sie hatte Angst, ich komischerweise nicht. Die halbe Stadt war danach weg, aber sie kam wieder zurück. So wird es auch mit Corona sein. Es geht immer weiter. Wichtig in einer Stadt sind die Menschen – die machen die Stadt aus.“