Bavaria, Germany, Europe
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Franziska Ambacher

Kunst in Coronazeiten - War wirklich Alles schlecht?...

Januar 2021

Franziska Ambacher
Biografieberaterin, Mediatorin
Persönlichkeits- und Business-Coach
Changemanagement-Consultant
Kreative Motivfängerin

lebt in München

www.changeify.de
Instagram-Account: 
changeify.Franziska.Ambacher


Warum habe ich diese drei Werke gewählt und warum beteilige ich mich
überhaupt am Projekt Kuico?
Die Idee hinter Kuico hat mich sofort überzeugt, weil ein Bild oft mehr als 1000 Worte sagt und inmitten der größten Transformationen unserer Zeit die Kamera läuft und alles dokumentiert, was Neuland war und nach wie vor ist.
Die Dokumentation einer Zeit, die hoffentlich in dieser Form so schnell nicht wiederkommt; die mich aber gelehrt hat, einerseits noch genauer hinzusehen und andererseits noch mehr zwischen den Zeilen zu lesen. Schnappschüsse können genau das für mich leisten.
Die Erinnerung an diese ver-rückte Zeit kann ich durch sie stets wieder wachrufen. Fotos bleiben, konservieren einen ganz bestimmten Moment, während sich die Welt längst weitergedreht hat.


Auch wenn wir nicht richtig barrierefrei sind hier auf unserer Website, so versuchen wir doch, auch Sehbehinderten einen Zugang zu unserem Projekt zu geben. Und deshalb könnt ihr über Klick auf den orangenen Pfeil über die externe Plattform Soundcloud die Statements nun auch hören. Viel Spaß!

Meine drei Fotos:
Im Februar 2020 wurde mir langsam immer klarer, dass da eine große und wenig beherrschbare Welle auf uns zurollte, deren Ausmaß niemand wirklich einzuschätzen wusste. Als dann im März der erste Lockdown beschlossen wurde, legte sich diese Nachricht zunächst wie ein undurchdringlicher Schleier über meine Außen- wie Innenwelt.

Die Sorgen um meine über 80-jährigen Eltern verstärkten sich. Aber dank digitaler Tools rückte ich noch näher an sie heran, während wir uns über die Entfernung von knapp 150 km in physischer Distanz übten. Mit Papa begann ich via WhatsApp eine enge Kommunikation; Mama hörte mich nur aus dem kleinen Kästchen sprechen, da sie erblindet ist, sie mich schon lange nicht mehr sieht.

(Danke Kuico, dass Du an die Barrierefreiheit für Blinde gedacht hast. Mama wird es lieben, all die Teilnehmer*innen via Tonspur ganz authentisch erzählen zu hören.)

Beruflich war 2020 für mich das anstrengendste und zugleich erfolgreichste Jahr. Mein Büro schloss ich ab März für drei Monate, doch alle Präsenz-Kundentermine konnte ich problemlos in der Online-Variante weiterführen.

Da Online-Coachings schon vor Corona zu meinem Alltag gehört hatten, mussten weder ich mich noch meine Kunden sich groß umstellen. Dieser Prozess verlief so geräuschlos, dass es mir manchmal fast unheimlich vorkam.

Analog dazu lag dieser dumpfe Schleier über der Welt, der alle Geräusche dämpfte. Plötzlich war es über Monate lang mucksmäuschenstill auf der vielbefahrenen Straßenkreuzung direkt vor meinem Haus.

Und dann war endlich der Sommer da.
Ein Sommer, der nicht nur mich aufatmen ließ. Ungeduldig stieg ich in den Zug in Richtung meiner Eltern, denn jetzt war es nach monatelangen Distanzgesprächen dringend nötig, sich endlich wieder in die Arme zu schließen. Das erste der hier gezeigten drei Fotos schoss ich auf dem Heimweg von diesem Besuch – am Hauptbahnhof München. Als einziger Fahrgast stieg ich aus und stand im warmen Abendlicht am Bahnsteig, während sich wieder diese besondere Stille über der Szenerie ausbreitete:
Balsam für meine Ohren und meine Seele.


Als Anwohnerin der Theresienwiese München war der September ein echtes Novum. Keine Wies’n, keine Menschenmassen, keine überbordende Gemütlichkeit und kein nervtötendes Prosit. Aufatmen war angesagt. So entstand Foto Nummer zwei. In großem Abstand traf ich auf Fahrradfahrer, Picknicker und Spaziergänger, die sich – genauso wie ich – den städtischen Raum einfach zurückholten und für sich pachteten. Wieder hörte ich ausnahmslos nur den Wind rauschen und die zwitschernden Vögel vorbeiziehen, der Schleier entwickelte sich langsam immer mehr zum Kokon.

In dieser merkwürdigen Blase aus Vorsicht, Abstand und Stille nahm ich auf dem U1-Bahnsteig in Gern ein wundervolles Zeichen des Zusammenhalts wahr:
Bunte Zettel hingen an den menschenleeren Bahnsteigen aus, die gerade von Schülern und Studenten aufgehängt wurden. Sie boten ihre Dienste für Senioren an, um deren Einkäufe oder sonstige Besorgungen zu übernehmen.
Kostenlos. Einfach so. Weil sie helfen und schützen wollten, wie sie schrieben.
Den ganzen Lockdown Nummer eins über und noch bis in den Herbst hinein hielt eine spürbare Solidarität an. Vor allem die Jugend hat mich begeistert, deren Ruf, wahre Egoisten zu sein, sich nicht bewahrheitet hat.
So erinnert mich die gelbe Ingo-Maurer-Leuchte an die Strahlkraft, die von der Verbindung unserer Generationen ausgeht – im Bemühen gemeinsam das zu meistern, was dringend Heilung braucht.

Nachtrag Januar 2021
Derzeit befinden wir uns mitten im Lockdown Nummer zwei und mein Büro ist seit dem 02. November 2020 wieder geschlossen. Noch bis mindestens Mitte Februar 2021 werde ich den direkten Austausch mit meinen Kollegen aus der Büroetage, mit meinen Kunden und erneut mit meinen Eltern sehr vermissen.


Diesmal ist jedoch etwas anders.
Der Schleier, der sich im Verlauf des vergangenen Jahres zum Kokon entwickelt hatte, wird nun brüchig und verliert an Schutz. Die Zuversicht, die Geduld und die Gelassenheit, die während des ersten Lockdowns 2020 spürbar war, ist verschwunden.
Stattdessen machen sich um mich herum lähmende Sorge, Unsicherheit und Existenzängste breit.


Damit ich meine innere Stärke behalte, hilft es mir auch weiterhin, die Augen nach sichtbaren Spuren offenzuhalten, Motive einzufangen und dabei meinen Humor nie zu verlieren. Humor – der Wert, der nicht nur verlässlich ist, sondern als treuer Begleiter auf meinen Wegen ein richtig gutes Therapeutikum ist.


Meine Pläne verschieben sich vielleicht auch in diesem Jahr – doch meine Ziele niemals.