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Seelsorge in Coronazeiten

Kunst in Coronazeiten - War wirklich Alles schlecht?...

Anton Aschenbrenner

Der Seelsorger Anton Aschenbrenner

Ehemaliger Priester, seit 2003 glücklich verheiratet und Vater zweier Töchter.
Keiner Kirche zugehörig, wohnhaft in seiner Ex-Pfarrei Waldkirchen.
Redner, kirchenunabhängiger Leiter von Zeremonien, Coach, freier Seelsorger…
www.lebensbrunn.de

Foto: Raphael Guarino, Grafenau

Auch wenn wir nicht richtig barrierefrei sind hier auf unserer Website, so versuchen wir doch, auch Sehbehinderten einen Zugang zu unserem Projekt zu geben. Und deshalb könnt ihr über Klick auf den Pfeil die Statements nun auch hören. Viel Spaß!

St. Korona heißt ein Friedhof in Passau Patriching, wo ich öfter Trauerfeiern leite. Die den Namen gebende Heilige hat Glaubenszeugen getröstet und wurde selbst dafür qualvoll hingerichtet. Angebunden an zwei auf Spannung gebogene Palmen wurde ihr Körper zerrissen. Sie weigerte sich ihren Glauben, ihre Krone abzulegen und wurde zur Märtyrerin. Versehen mit der Märtyrerkrone wird sie seit dem verehrt als Patronin des Geldes, der Metzger und Schatzgräber – Gebieterin böser Geister.

Auch unser Plagegeist, das Corona Virus, bräuchte jemand, der ihm Einhalt gebietet. Bilder von ihm zeigen rund rum Zacken – ähnlich einer Krone – mit denen er beim Mensch andockt und sich vermehrt. Verehrt wird er nicht – dafür gehasst.

Schriftsteller im sog. Alten Testament haben oft die Zeitläufe als Wirken Gottes gedeutet, als einen Fingerzeig von oben, auch als Strafe für Fehlverhalten, die auf den rechten Weg zurück weist, also als etwas, das im Grunde positiv ist, heilsam. Also doch ein Heiliger Corona Virus?

St. Korona ist die Schutzpatronin der Metzger. Metzgereien waren Hotspots der Corona Infektion. Da gibt es genug, was zum Himmel stinkt, wenn die Leiber toter Tiere massenhaft des Geldes wegen zerrissen werden von Sklaven der Billigindustrie. Die Heilige Corona würde hier aufdecken, welch ein Ungeist unsere Zeit da quält. Von der Tierhaltung, deren Ernährung mit Importfutter, angebaut auf gerodeten Urwäldern, zur Gülleentsorgung auf nitratverseuchten Böden, deren Transportqualen, Massenhinrichtung, … bis zur Massenhaltung der Lohnschlächter, die um ihre Hoffnung geprellt hier trotz Schufterei fast nichts verdienen, dafür aber großen Gefahren ausgesetzt sind. In Plastikverpackte „Fleisch-Ware“ – schnell aus dem Supermarktregal gebrutzelt zum Fünfminutengericht – müsste zum Gericht über die Lebensweise der Menschen werden. Gericht nicht nur als Urteil über eine achtungslose Form zu leben, sondern auch als etwas, das es zu richten, zu reparieren, zu heilen gilt. Heilige Corona bitte für uns.

Wenn etwas zum Himmel stinkt, dann sind das meist schädliche und giftige Abgase. Die hätten wir hinter Corona bald vergessen, denn den Schaden, den diese anrichten spüren zuerst mal nicht wir hier, sondern die armgemachten Menschen weit weit weg. Weit weg wollen zwar auch viele hierzulande, um die Schönheiten der Welt zu erkunden ungeachtet dessen, dass genau diese Reiselust die Schönheit der Welt ruiniert. Wenn die Heilige Korona die Reisemöglichkeiten beschränkt, dann beklagen viele in unseren Breiten das bitterlich. Sie beklagen diese Einschränkung lauter als die Klagen anderer über den einen oder anderen an Corona verstorbenen meist betagten Menschen, für den ja das Leben angeblich eh schon gelaufen ist und der nur noch Pflegeaufwand den munteren Genussmenschen aufbürdet. Fluggesellschaften, Touristik Konzernen, qualmenden Kleinstädten zu Wasser wie es die Kreuzfahrtschiffe sind, … soll wegen Korona, die ja die Heilige des Geldes ist, ihre Wege in die wirtschaftliche Zukunft nicht verbaut werden. Die Klage dieser Branche verbündet sich mit dem Jammern derer, die doch ihre stressige Arbeit durch mindestens zwei schöne Wochen in der Ferne belohnt wissen wollen – wofür arbeitet man denn sonst? Nicht für das Essen; das muss billigst sein. Nein, man schuftet dafür die Welt zu bereisen oder zumindest ein paar Wochen sich in der Ferne verwöhnen zu lassen. Dass sich dafür viele Ausgebeutete krumm buckeln müssen und die prächtige Natur zur ruinierten Müllhalde degeneriert, wird geflissentlich übersehen. O Heilige Korona hilf!

Diesen Fürbittruf kennen ja sowieso nur noch die Alten. Sie mussten noch glauben, weil sie keine Technik hatten. Wir Jüngeren können uns selbst helfen. Wir erfinden z.b. fortschrittlich sogenannten „Biosprit“, der unsere Gewohnheiten konserviert – die dürfen sich nicht verändern. Wir brauchen, wie frühere Generationen nicht mehr sparen, verzichten, vom Regionalen leben. Die Technik wird alle Probleme lösen, so glauben viele heute. Auch sie glauben – allerdings an die Allmacht ihres Vermögens. Und doch vermögen sie nicht mal Einschränkungen auszuhalten. Alles immer zu jeder Zeit – lautet die modere Devise. Dabei hatten die Religionen Askese und Entsagung nicht als selbst auferlegte Qual erfunden, die dann nach der Erdenzeit im Himmel umso üppiger belohnt wird. Nein:  Fasten und Verzicht erhöhen hier schon die Lebensqualität. Wer – auf Größeres hoffend – seine irdische Lebenszeit nicht auspressen muss wie eine Zitrone, damit sie alle seine Glücksfantasien erfüllt, der lernt, dass diese Illusionen künstlich oft nur eingeredet sind, der lernt und durchschaut den, der sagt: „Ich will nur euer Bestes.“ Ja – der will uns unser Bestes nehmen und raubt die innere Ruhe, in der Gier nach immer mehr. Dabei kann man das Beste meist mit Geld nicht kaufen und man müsste dafür wohl gar nicht so stressig arbeiten und auch in der Freizeit und im Urlaub dem Glück nicht hinter her jagen.

Sankt Korona wurde zwischen zwei Palmen zerrissen. Und so spaltet auch heute das Corona Virus unsere Gesellschaft in Abergläubige, Selbstverliebte und Realitätsleugner auf der einen Seite und auf der anderen in solche, die verstehen: ich muss mein Leben ändern, wir müssen andere Prioritäten setzen, solidarisch, mitfühlend, ökologisch und im guten Sinne „menschlich“ sein.

Ich weiß, es gibt Menschen, die leiden bitter unter der Einsamkeit. Ich weiß auch, es gibt Menschen die leiden bitter an der Ausbeutung, die gedankenlos oder absichtlich ihnen auferlegt wird. Ich weiß, die Natur – und Corona ist ein Teil dieser Natur, die wir eben nicht beherrschen können – leidet bitter unter dem Diktat des materiell nimmersatten Menschen. All das ruft mich zum Handeln auf. Und trotzdem:

Ich genieße in Corona Zeiten, dass bei mir viele Termine ausgefallen sind und ich mehr Zeit mir nehmen konnte für meine Familie, für ein Buch, für Spaziergänge um unser Dorf, fürs Brennholzmachen im Wald, für lauter Dinge, die (fast) nichts gekostet haben. Mit Corona hab ich einen Schatz ausgegraben, den ich beinah Daheim vergessen hätte, weil meine Gewohnheit alles so selbstverständlich gemacht hat – zumal meine eingeschliffene Art zu leben: Lebens-Art heißt übersetzt: die Kunst zu leben – eine große Kunst im Einklang mit der Natur und den Menschen.

Die Heilige Korona trägt die Krone, dass der Mensch nicht automatisch die Krone der Schöpfung ist, wird in Corona Zeiten deutlich. Drum sollten wir wie die Hl. Korona andere trösten. Dann wird aus der Trauer eine Feier für das Leben im Miteinander und Füreinander. Die Hl. Korona hat geholfen.

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